Veröffentlicht am März 15, 2024

Echten Stil zu finden bedeutet nicht, Trends zu ignorieren, sondern zu lernen, den kulturellen Zeitgeist dahinter zu entschlüsseln.

  • Zeitgenössische Mode ist ein bewusster Gegenentwurf zur Schnelllebigkeit von Fast Fashion und definiert sich über Qualität und Langlebigkeit.
  • Die wahre Kostenfalle ist nicht der Preis eines einzelnen Teils, sondern die „Cost-per-Wear“ – die Kosten pro Tragen, die bei Slow Fashion deutlich niedriger sind.

Empfehlung: Beginnen Sie damit, Mode nicht als Konsumgut, sondern als kulturellen Ausdruck zu betrachten. Hinterfragen Sie, welche Botschaft ein Trend sendet, bevor Sie ihn übernehmen.

Fühlen Sie sich manchmal von der schieren Geschwindigkeit der Modewelt überfordert? Kaum hat man einen Trend verstanden, wird er schon vom nächsten abgelöst. Wöchentlich neue Kollektionen, ständiger Druck zur Erneuerung und ein Kleiderschrank, der überquillt, aber gefühlt nichts zum Anziehen bereithält – dieses Gefühl der „Mode-Müdigkeit“ kennen viele. Die üblichen Ratschläge sind bekannt: „Kaufen Sie zeitlose Klassiker“ oder „Erstellen Sie eine Capsule Wardrobe“. Doch diese gut gemeinten Tipps greifen oft zu kurz. Sie übersehen, dass Stil kein starres Regelwerk ist, sondern ein lebendiger Ausdruck unserer Persönlichkeit im Hier und Jetzt.

Die wahre Herausforderung liegt nicht darin, sich komplett von aktuellen Strömungen abzukoppeln, sondern darin, eine neue Perspektive zu gewinnen. Was wäre, wenn der Schlüssel zu einem authentischen, modernen Look nicht im Vermeiden von Trends liegt, sondern darin, sie intelligent zu filtern? Wenn wir lernen würden, die kulturellen Codes hinter einem Look zu lesen und zu verstehen, was eine Ästhetik wirklich „zeitgenössisch“ macht? Es geht darum, eine ästhetische Souveränität zu entwickeln, die es uns erlaubt, bewusst auszuwählen, was zu unserer eigenen Stil-DNA passt, anstatt uns passiv von der Industrie diktieren zu lassen.

Dieser Artikel ist Ihr Wegweiser auf dieser Reise. Er führt Sie von der grundlegenden Definition zeitgenössischer Mode über die Entlarvung der wahren Kosten von Fast Fashion bis hin zu konkreten Strategien, wie Sie einen Kleiderschrank aufbauen, der sowohl modern als auch langlebig ist. Wir werden die kulturellen Wurzeln der Mode von heute erkunden und Ihnen praktische Werkzeuge an die Hand geben, um vom passiven Konsumenten zum aktiven Gestalter Ihres eigenen Stils zu werden.

Um diesen komplexen Zusammenhang zu entwirren, haben wir den Weg in überschaubare Etappen unterteilt. Die folgende Übersicht führt Sie durch die zentralen Themen, die Ihnen helfen werden, die Essenz zeitgenössischer Mode zu entschlüsseln und für sich zu nutzen.

Zeitgenössische Mode verstehen: Die klare Abgrenzung zu Fast Fashion und Luxus

Was bedeutet „zeitgenössisch“ in der Mode eigentlich? Oft wird der Begriff fälschlicherweise mit „trendig“ oder „saisonal“ gleichgesetzt. Doch seine wahre Bedeutung ist tiefer und komplexer. Zeitgenössische Mode ist kein Stil, sondern eine Haltung. Sie positioniert sich bewusst in dem anspruchsvollen Raum zwischen der Wegwerfmentalität von Fast Fashion und der oft unzugänglichen Welt der Luxusmarken. Während Fast Fashion auf maximale Geschwindigkeit und minimale Kosten setzt – die drei führenden Konzerne erwirtschafteten allein 2023 einen Umsatz von rund 86 Milliarden Euro –, fokussiert sich zeitgenössische Mode auf Design, Qualität und Langlebigkeit zu einem zugänglichen Preis.

Im Kern geht es darum, den aktuellen Zeitgeist widerzuspiegeln, ohne sich kurzlebigen Hypes zu unterwerfen. Wie die deutsche Modeexpertin Anne Gramm treffend in ihrem Blog formuliert: „Mode heute und früher zeigt: Der Begriff ‚zeitgenössisch‘ ist nicht nur als ‚modern‘ zu verstehen, sondern als Spiegel des aktuellen Zeitgeists“. Es geht um eine intelligente Auseinandersetzung mit aktuellen gesellschaftlichen Themen wie Nachhaltigkeit, Genderfluidität und Handwerkskunst. Marken in diesem Segment erzählen eine Geschichte. Sie legen Wert auf hochwertige Materialien, eine sorgfältige Verarbeitung und ein Design, das über eine einzige Saison hinaus relevant bleibt.

Ein hervorragendes Beispiel aus Deutschland ist das Label Armedangels. Es verkörpert den Mittelweg perfekt: Die Designs sind modern und ansprechend, die Materialien wie Bio-Baumwolle und Tencel sind nachhaltig, und die Produktionsbedingungen sind fair. Hier wird Mode geschaffen, die qualitativ hochwertig und dennoch bezahlbar ist – eine bewusste Entscheidung gegen das Diktat der schnellen Trends und für einen Stil, der Substanz hat. Zeitgenössische Mode ist also die Wahl für all jene, die in Kleidung mehr sehen als nur ein Wegwerfprodukt, sondern ein langlebiges Kulturgut.

Die zeitlose Garderobe: Wie Sie mit wenigen, modernen Teilen unzählige Looks kreieren

Der Aufbau einer zeitlosen Garderobe ist die praktische Umsetzung der zeitgenössischen Modephilosophie. Es geht nicht darum, einen minimalistischen Einheitslook zu schaffen, sondern eine vielseitige Basis, die als Leinwand für Ihre persönliche Stil-DNA dient. Der Schlüssel liegt in der Kuratierung von wenigen, aber dafür exzellent ausgewählten Stücken, die sich mühelos miteinander und mit saisonalen Akzentteilen kombinieren lassen. Denken Sie an gut geschnittene Jeans aus hochwertigem Denim, einen perfekt sitzenden Blazer, ein Seidenhemd, hochwertige T-Shirts aus Bio-Baumwolle und einen klassischen Mantel aus Wolle.

Diese Basisgarderobe, oft auch als „Capsule Wardrobe“ bezeichnet, lebt von der Qualität ihrer Einzelteile. Ein günstiges T-Shirt mag kurzfristig verlockend sein, doch ein hochwertiges Stück behält seine Form und Farbe über Jahre und fühlt sich bei jedem Tragen besser an. Es geht darum, in die Langlebigkeit und Vielseitigkeit jedes einzelnen Kleidungsstücks zu investieren. Eine neutrale Farbpalette – bestehend aus Schwarz, Weiß, Grau, Marineblau und Beige – bildet das Fundament. Diese Farben lassen sich universell kombinieren und bieten die perfekte Bühne für individuelle Akzente durch Accessoires, Schuhe oder ein besonderes Statement-Teil.

Die wahre Kunst besteht darin, diese klassischen Elemente mit modernen Silhouetten und Materialien zu verbinden. Ein klassischer Trenchcoat kann durch einen leicht oversized Schnitt eine moderne Note erhalten. Eine traditionelle weiße Bluse wird durch ein innovatives, nachhaltiges Material wie Tencel zeitgenössisch. So entsteht eine Garderobe, die nicht aus der Zeit gefallen wirkt, sondern sich souverän zwischen Klassik und Moderne bewegt. Sie ermöglicht es Ihnen, mit weniger Teilen mehr Looks zu kreieren und jeden Tag aufs Neue bewusst zu entscheiden, wer Sie sein möchten.

Minimalistische Garderobe mit zeitlosen Kleidungsstücken in neutralen Farben

Wie diese Abbildung andeutet, liegt die Stärke in der harmonischen Kombination und der Qualität der Texturen. Jedes Teil ist für sich genommen stark, aber im Zusammenspiel entfaltet es sein volles Potenzial. Es ist ein System, das Ruhe in den Kleiderschrank und Klarheit in den täglichen Ankleideprozess bringt.

Die Trend-Falle: Der häufigste Fehler, der Ihren Stil ruiniert (und Ihren Geldbeutel leert)

Die größte Gefahr für die Entwicklung eines authentischen Stils ist die passive Jagd nach kurzlebigen Trends. Getrieben von sozialen Medien und einem unerbittlichen Marketingzyklus, verleitet uns die Modeindustrie dazu zu glauben, dass wir nur durch ständigen Konsum relevant bleiben. Doch das Gegenteil ist der Fall: Wer jedem Mikro-Trend hinterherläuft, verliert nicht nur seine persönliche Handschrift, sondern investiert auch in eine Garderobe ohne Substanz und Wert. Dieser Kreislauf ist nicht nur stilistisch, sondern auch finanziell fatal. Viele Verbraucher haben dies bereits erkannt: Laut einer aktuellen MDR-Umfrage aus dem Jahr 2023 wünschen sich 58 % der Deutschen nur noch zwei Modekollektionen pro Jahr statt der bis zu 24, die von Fast-Fashion-Giganten auf den Markt geworfen werden.

Der entscheidende Denkfehler liegt in der Betrachtung des Anschaffungspreises anstelle der „Cost-per-Wear“ (Kosten pro Tragen). Ein T-Shirt für 15 €, das nach fünf Wäschen seine Form verliert, ist teurer als ein qualitativ hochwertiges Shirt für 80 €, das Sie über Jahre hinweg hundertmal tragen. Die Trend-Falle besteht darin, viele billige Teile zu kaufen, die schnell an Relevanz und Qualität verlieren. Dies führt zu einem Kleiderschrank voller „Fast-Food-Mode“, die kurzfristig befriedigt, aber langfristig unzufrieden macht und den Geldbeutel leert.

Die folgende Tabelle verdeutlicht den finanziellen Unterschied zwischen einer auf Fast Fashion und einer auf Slow Fashion basierenden Konsumstrategie über einen Zeitraum von fünf Jahren. Sie zeigt, dass die anfänglich höhere Investition in Qualität sich langfristig auszahlt.

Fast Fashion vs. Slow Fashion: Kostenvergleich über 5 Jahre
Aspekt Fast Fashion Slow Fashion
Durchschnittspreis pro Teil 15-30€ 60-120€
Haltbarkeit 6-12 Monate 3-5 Jahre
Teile pro Jahr gekauft 60 Stück 10 Stück
Gesamtkosten über 5 Jahre 4.500-9.000€ 3.000-6.000€
Cost-per-Wear 2-5€ 0,50-1,50€

Die Lösung liegt nicht darin, Trends vollständig zu ignorieren, sondern einen „Zeitgeist-Filter“ zu entwickeln. Fragen Sie sich: Passt dieser Trend wirklich zu meiner Persönlichkeit und meinem Lebensstil? Lässt sich das Teil mit meiner bestehenden Garderobe kombinieren? Und vor allem: Werde ich es auch in einem Jahr noch lieben? Diese bewusste Auseinandersetzung schützt vor Impulskäufen und ist der erste Schritt zu wahrer ästhetischer Souveränität.

Slow Fashion vs. Circular Fashion: Welches Konzept rettet die Modewelt wirklich?

Im Diskurs um eine bessere Modewelt werden die Begriffe „Slow Fashion“ und „Circular Fashion“ oft synonym verwendet, doch sie beschreiben zwei unterschiedliche, sich aber ergänzende Konzepte. Slow Fashion ist eine Philosophie, ein Gegenentwurf zur Geschwindigkeit von Fast Fashion. Sie plädiert für bewussteren Konsum, Wertschätzung von Handwerk, Langlebigkeit und den Kauf von weniger, aber qualitativ hochwertigeren Teilen. Es ist ein Aufruf zur Entschleunigung, der beim Konsumenten ansetzt.

Circular Fashion (Kreislaufmode) hingegen ist ein System, das darauf abzielt, den gesamten Lebenszyklus eines Kleidungsstücks neu zu denken. Das Ziel ist eine Industrie ohne Abfall. Statt dem linearen Modell „produzieren, tragen, wegwerfen“ folgt die Kreislaufmode dem Prinzip „produzieren, tragen, wiederverwenden, reparieren, recyceln“. Es geht darum, Materialien so lange wie möglich im Kreislauf zu halten. In Deutschland manifestiert sich dieses System bereits in vielfältiger Weise: Führende Second-Hand-Plattformen wie Vinted haben den Kauf und Verkauf gebrauchter Kleidung normalisiert, während lokale Initiativen wie Reparatur-Cafés und spezialisierte Ketten wie HUMANA die praktische Umsetzung der Kreislaufwirtschaft im Alltag fördern.

Visualisierung des Kreislaufsystems nachhaltiger Mode

Welches Konzept ist also die Rettung? Die Antwort lautet: beide. Slow Fashion bildet das Bewusstsein und die Nachfrage, während Circular Fashion die industrielle und logistische Infrastruktur dafür schafft. Ohne die Bereitschaft der Konsumenten, Kleidung länger zu tragen und wertzuschätzen (Slow Fashion), kann kein funktionierendes Kreislaufsystem (Circular Fashion) entstehen. Umgekehrt ermöglichen erst die Angebote der Kreislaufwirtschaft den Konsumenten, ihre Slow-Fashion-Prinzipien konsequent umzusetzen. Sogar die Gesetzgebung reagiert: Initiativen wie die Kampagne für Saubere Kleidung betonen, dass das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) Verbrauchern mehr Macht gibt, Marken zur Verantwortung zu ziehen und so indirekt die Prinzipien der Slow Fashion stärkt.

Von der Straße auf den Laufsteg: Wie Subkulturen die Mode von heute prägen

Zeitgenössische Mode entsteht selten im Elfenbeinturm der Designateliers. Ihre vitalsten Impulse erhält sie von der Straße, aus den Nischen der Gesellschaft, aus Subkulturen. Diese Gruppen nutzen Kleidung als Code, als Statement und als Ausdruck ihrer Identität – lange bevor die große Modeindustrie darauf aufmerksam wird. Von den Punks der 70er über die Hip-Hop-Kultur der 80er und 90er bis hin zu den digitalen Ästhetiken von heute haben Subkulturen stets die Grenzen des „Akzeptablen“ verschoben und so den Mainstream nachhaltig geprägt.

Ein herausragendes Beispiel der jüngeren Vergangenheit ist die Berliner Clubkultur. Die Ästhetik, die in den Kellern von Techno-Clubs wie dem Berghain geboren wurde, ist ein Paradebeispiel für diesen Prozess. Gekennzeichnet durch eine funktionale, oft schwarze, dekonstruierte und genderfluide Anmutung, war dieser Stil ursprünglich eine pragmatische Antwort auf die Bedingungen des Nachtlebens: langes Tanzen, Bewegungsfreiheit und Anonymität. Doch diese rein funktionalen Aspekte wurden zu einem kraftvollen kulturellen Code, der eine Haltung von Nonkonformität und progressiver Individualität vermittelte.

Dieser einzigartige Look hat nicht nur lokale Berliner Labels wie GmbH entscheidend geformt, sondern auch die Kollektionen internationaler Luxusmarken wie Balenciaga oder Rick Owens beeinflusst. Die technischen Materialien, die asymmetrischen Schnitte und die düstere Farbpalette sind heute feste Bestandteile des globalen Modevokabulars. Dieser Prozess des „Trickle-up“ – bei dem ein Trend von der Straße nach oben auf die Laufstege sickert – ist ein Beweis dafür, dass die authentischsten und langlebigsten Modeströmungen aus einem echten kulturellen Bedürfnis heraus entstehen. Sie sind nicht das Ergebnis einer Marketingstrategie, sondern der gelebte Ausdruck einer Gemeinschaft.

Kultur vs. Code: Der fundamentale Unterschied zwischen gesellschaftlichem und technologischem Wandel

In der heutigen Modewelt stehen sich zwei mächtige Kräfte gegenüber: Kultur und Code. „Kultur“ repräsentiert den menschlichen, gesellschaftlichen Wandel – die Werte, Wünsche und Sehnsüchte, die in Subkulturen, sozialen Bewegungen und dem allgemeinen Zeitgeist zum Ausdruck kommen. „Code“ steht für den technologischen, datengesteuerten Wandel – die Algorithmen, die Trends vorhersagen, Kaufverhalten analysieren und uns personalisierte Werbung ausspielen. Die Spannung zwischen diesen beiden Polen definiert die zeitgenössische Mode maßgeblich.

Fast Fashion operiert primär auf der Ebene des Codes. Algorithmen identifizieren aufkommende Trends auf Plattformen wie TikTok oder Instagram, und die Produktionsketten sind darauf optimiert, diese in Rekordzeit in die Läden zu bringen. Authentischer Stil hingegen ist tief in der Kultur verwurzelt. Er entsteht aus einem echten Bedürfnis nach Ausdruck und Zugehörigkeit. Der gesellschaftliche Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit ist ein kultureller Wandel. Eine Umfrage des MDR aus dem Jahr 2023 zeigt, dass 70 % der Deutschen höhere Auflagen beim Chemikalieneinsatz in der Modeproduktion fordern – ein klares kulturelles Signal an die Industrie.

Ein perfektes Beispiel für diesen Konflikt ist der Online-Händler Zalando. Als technologiegetriebenes Unternehmen nutzt es massiv Code, um seinen Betrieb zu optimieren und Trends zu skalieren. Gleichzeitig versucht es durch kuratierte Stilwelten, aufwendige Editorials und Kooperationen mit Influencern, „Kultur“ zu simulieren und eine emotionale Verbindung zum Kunden aufzubauen. Diese Strategie verdeutlicht die zentrale Herausforderung: Algorithmen können vorhersagen, was populär ist, aber sie können keine authentische Kultur erschaffen. Echter Stil entsteht im Dialog mit der eigenen Identität und der Gesellschaft – nicht durch die Optimierung eines Warenkorbs. Die Fähigkeit, zwischen einem algorithmisch generierten Trend und einem kulturell relevanten Stil unterscheiden zu können, ist die vielleicht wichtigste Kompetenz in der modernen Modewelt.

Das Wichtigste in Kürze

  • Echter Stil entsteht, wenn man den Zeitgeist entschlüsselt, anstatt blind Trends zu folgen.
  • Finanzielle Klugheit in der Mode misst sich an den „Cost-per-Wear“, nicht am einmaligen Kaufpreis.
  • Eine nachhaltige Garderobe braucht beides: die Philosophie der Slow Fashion und die Systeme der Circular Fashion.

Vom Wissen zum Handeln: Konkrete Schritte für ein umweltbewussteres Leben im Alltag

Die Theorie zu verstehen ist der erste Schritt, doch die wahre Veränderung beginnt im eigenen Kleiderschrank. Einen bewussteren Umgang mit Mode zu pflegen, muss kein radikaler Bruch sein, sondern kann durch eine Reihe kleiner, aber wirkungsvoller Gewohnheiten in den Alltag integriert werden. Es geht darum, vom passiven Konsumenten zum aktiven Kurator der eigenen Garderobe zu werden. Der Fokus verschiebt sich vom „Haben wollen“ zum „Wertschätzen und Pflegen“.

Der Prozess beginnt mit einer ehrlichen Bestandsaufnahme. Welche Teile lieben Sie wirklich und tragen Sie regelmäßig? Welche Stücke waren Impulskäufe, die nie richtig zu Ihnen gepasst haben? Diese Inventur ist nicht nur befreiend, sondern schärft auch den Blick für zukünftige Kaufentscheidungen. Parallel dazu ist es entscheidend, sich mit den Möglichkeiten der Pflege und Reparatur vertraut zu machen. Eine lokale Schneiderei oder ein Reparatur-Café kann die Lebensdauer eines geliebten Kleidungsstücks um Jahre verlängern. Dies ist nicht nur nachhaltig, sondern stärkt auch die emotionale Bindung an unsere Kleidung.

Wenn ein Neukauf ansteht, wird die Entscheidung zu einer bewussten Investition. Anstatt sich von schnellen Trends leiten zu lassen, hilft die Cost-per-Wear-Formel (Preis ÷ geschätzte Anzahl der Tragevorgänge), den wahren Wert eines Kleidungsstücks zu ermitteln. Gleichzeitig ist das Verständnis für Nachhaltigkeitssiegel wie der staatliche Grüne Knopf, der international anerkannte GOTS (Global Organic Textile Standard) oder das EU Ecolabel unerlässlich, um Greenwashing von echten Bemühungen zu unterscheiden. Die folgende Checkliste bietet einen konkreten Fahrplan, um diese Prinzipien praktisch umzusetzen.

Ihr 5-Punkte-Aktionsplan für den nachhaltigen Kleiderschrank

  1. Kleiderschrank-Inventur: Sortieren Sie Ihre Garderobe nach der KonMari-Methode, aber legen Sie einen besonderen Fokus auf die Reparierbarkeit und Qualität der verbleibenden Stücke.
  2. Lokale Infrastruktur nutzen: Finden und speichern Sie die Adressen von lokalen Schneidereien, Schuhmachern und Reparatur-Cafés in Ihrer Stadt, bevor Sie sie brauchen.
  3. Siegel verstehen: Machen Sie sich mit den Kriterien der wichtigsten in Deutschland und der EU relevanten Siegel (Grüner Knopf, GOTS, EU Ecolabel) vertraut, um informierte Kaufentscheidungen zu treffen.
  4. Cost-per-Wear anwenden: Berechnen Sie vor jedem potenziellen Kauf die ungefähren Kosten pro Tragen. Ist die Investition in die erwartete Langlebigkeit gerechtfertigt?
  5. Alternativen zum Neukauf priorisieren: Nutzen Sie aktiv Kleidertausch-Apps wie Vinted und suchen Sie nach lokalen Swap-Events, bevor Sie ein neues Teil kaufen.

Bewusst unterwegs: Wie Sie durch nachhaltige Praktiken reisen, ohne Spuren zu hinterlassen

Die Prinzipien der zeitgenössischen, bewussten Mode enden nicht an der eigenen Haustür – sie sind ein idealer Begleiter auf Reisen. Eine gut kuratierte Garderobe, die auf Vielseitigkeit und Qualität basiert, ist nicht nur zu Hause, sondern auch unterwegs von unschätzbarem Wert. Anstatt für jeden Urlaub neue, billige Kleidung zu kaufen, die oft nur für diesen einen Anlass gedacht ist, ermöglicht eine durchdachte Kapselgarderobe es Ihnen, für jede Destination und jedes Klima stilvoll und angemessen gepackt zu sein, ohne Übergepäck.

Auch die Wahl der Souvenirs kann durch diese bewusste Haltung transformiert werden. Statt eines billig produzierten T-Shirts mit dem Namen des Urlaubsortes, das schnell an Reiz verliert, wird die Suche nach einem authentischen, handwerklich gefertigten Stück zu einem Teil des Reiseerlebnisses. Ein handgefertigter Ledergürtel aus einer kleinen Manufaktur in Italien, ein Paar traditionell gefertigte Espadrilles aus Spanien oder ein Schal von einem lokalen Designer in Kopenhagen – solche Stücke erzählen eine Geschichte und werden zu langlebigen Erinnerungen, die Sie in Ihren Alltagsstil integrieren können. Sie sind ein Ausdruck von Wertschätzung für die lokale Kultur und das Handwerk.

Letztendlich ist bewusste Mode eine universelle Sprache. Sie ist der Schlüssel, um sich von den Fesseln der Fast-Fashion-Industrie zu befreien und eine tiefere, bedeutungsvollere Beziehung zu dem aufzubauen, was wir tragen – egal, wo auf der Welt wir uns befinden. Indem wir Stil über Trend stellen, investieren wir nicht nur in unsere Garderobe, sondern auch in unsere persönliche Ausdruckskraft und ein Stück weit in eine bessere Zukunft für die Mode. Der Weg zu einem zeitgenössischen Look ist eine Reise, kein Ziel, aber eine, die mit jedem bewussten Schritt lohnender wird.

Häufig gestellte Fragen zum Thema zeitgenössische Mode

Warum sollte ich auf Fast-Fashion-Souvenirs verzichten?

Billige Urlaubsmode belastet die lokale Umwelt durch Produktion und Abfall und hält selten länger als eine Saison. Investieren Sie stattdessen in ein hochwertiges Stück lokaler Handwerkskunst, das eine echte Geschichte erzählt und die lokale Wirtschaft unterstützt.

Wo finde ich nachhaltige Mode-Souvenirs in beliebten Reisezielen?

Suchen Sie abseits der touristischen Hauptstraßen. Schauen Sie nach kleinen Lederwaren-Manufakturen in Italien, traditionellen Espadrilles-Machern in Spanien oder den Ateliers lokaler Designer in skandinavischen Städten. Märkte für Kunsthandwerk sind ebenfalls eine gute Anlaufstelle.

Wie packe ich nachhaltig für verschiedene Reisearten?

Wählen Sie vielseitige Basics in neutralen Farben, die sich untereinander und mit wenigen Akzentteilen leicht kombinieren lassen. Eine gut durchdachte Kapselgarderobe aus hochwertigen Materialien wie Merinowolle, Leinen oder Tencel funktioniert für Städtetrips ebenso wie für Naturerkundungen.

Geschrieben von Anja Neumann, Anja Neumann ist eine freie Kulturjournalistin und Fotografin, die seit über 15 Jahren die Welt bereist, um authentische Geschichten zu finden. Ihre Arbeit konzentriert sich auf die Schnittstelle von nachhaltigem Tourismus, lokaler Kultur und zeitgenössischer Ästhetik.